Graffiti in Deutschland

Ziel des Projekts „Graffiti in Deutschland" ist die Erstellung einer digitalen Bilddatenbank, die vorhandene Graffiti-Bildbestände zusammenführt, systematisch erschließt und der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung stellt. In der ersten Phase des Projekts sollen die Bildbestände der Polizei Mannheim (ca. 50.000 Bilder aus den Jahren 1998-2014) und des Stadtarchivs München („Sammlung Kreuzer", ca. 5.400 Bilder aus den Jahren 1983-1985) digitalisiert, in einer Datenbank bereitgestellt und inhaltlich erschlossen werden.

Für die Erschließung gilt es, Standards für die digitale Erfassung und Systematisierung von Graffiti zu entwickeln und eine Bilddatenbank aufzubauen, die es erstmals möglich macht, auf der Basis umfangreicher, gesicherter und qualitativ hochwertiger Forschungsdaten Entwicklungen und Veränderungen von Graffiti über längere Zeiträume in den Blick zu nehmen und zu erforschen.

Mit technischer Unterstützung des Zentrums für Informations- und Medientechnologie der Universität Paderborn (Prof. Dr. Gudrun Oevel) und der Universitätsbibliothek Paderborn (Dr. Dietmar Haubfleisch) bauen Prof. Dr. Doris Tophinke von der Universität Paderborn und Prof. Dr. Martin Papenbrock vom Karlsruher Institut für Technologie mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Datenbank auf, in der die Bilder gespeichert und nach verschiedenen Kriterien durchsucht werden können. Jedes Bild wird dabei spezifiziert, so dass es nach bildlichen, sprachlichen und materiellen Kriterien wie Farbe, Technik, Inhalt oder auch Ort und Trägermedium gefunden werden kann.

Projektlaufzeit: 1.4.2016 - 31.3.2019
Voraussichtliche Gesamtdauer des Projekts: 1.4.2016 - 31.3.2022 (verlängert bis 2023)
Web: https://www.uni-paderborn.de/forschungsprojekte/ingrid/

Heiko Nöthen, Andreas Brennecke

Projekt im Bereich „Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme" (LIS)
LIS-Förderprogramm: Erschließung und Digitalisierung

  • Prof. Dr. Doris Tophinke, Universität Paderborn

  • Prof. Dr. Martin Papenbrock, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

  • Dr. Dietmar Haubfleisch, Universität Paderborn

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Web: http://www.dfg.de/

Ziel des Projekts ist die Erstellung einer Bilddatenbank, die vorhandene Graffiti-Bildbestände zusammenführt, systematisch erschließt und der Forschung zur Verfügung stellt. Die Bildbestände stammen überwiegend aus der polizeilichen Graffiti-Ermittlung. Das Projekt bewahrt und sichert Daten eines bisher von der Forschung vernachlässigten Ausschnitts unserer kulturellen Wirklichkeit, die sonst verloren gingen. Die zu erstellende Datenbank soll ein Bestandteil unseres kulturellen Gedächtnisses werden, die kreative und kommunikative Prozesse in sozial und kulturell unterschwelligen, jugendkulturellen Handlungs- und Konflikträumen dokumentiert und erforschbar macht. Gleichzeitig besteht eine wichtige Aufgabe des Projekts darin, wissenschaftliche Standards für die digitale Erfassung von Graffiti zu entwickeln. Das Projekt kann darüber hinaus ein Modell für den Workflow zwischen einer staatlichen Behörde wie der Polizei und der universitären Forschung sein. Auf die Erfahrungen, die diesbezüglich gesammelt werden, können andere wissenschaftliche Projekte zurückgreifen.

Das Projekt ist auf 6 Jahre angelegt. In den ersten 36 Monaten (Antragszeitraum) sollen zunächst exemplarisch die Beständ der Polizei Mannheim und des Stadtarchivs München („Sammlung Kreuzer") digital erfasst und systematisch bearbeitet werden. In dieser Phase soll die Datenbank in ihrer Struktur und in ihren Kategorien erprobt, ggf. modifiziert und den Erfordernissen des zu erfassenden Bildmaterials angepasst werden. Im selben Zeitraum soll die Datenakquise auf weitere Großstädte in Deutschland ausgedehnt werden. Dies ist notwendig, um vorhandene Datenbestände für die Forschung zu sichern, die andernfalls gelöscht würden. Ausgewählt wurden 31 Städte mit festen Graffiti-Ermittlungsgruppen, bei denen deshalb davon auszugehen ist, dass sie über größere, zusammenhängende Bildbestände verfügen (Augsburg, Berlin, Bielefeld, Bochum, Bremen, Chemnitz, Dortmund, Dresden, Erfurt, Frankfurt/Main, Freiburg, Halle/Saale, Hamm, Hannover, Heidelberg, Jena, Karlsruhe, Kassel, Kiel, Köln, Leipzig, Ludwigsburg, Magdeburg, München, Münster, Nürnberg, Osnabrück, Pforzheim, Rostock, Stuttgart, Weimar). Grundlage dieser Auswahl ist ein Verzeichnis aller polizeilichen Graffiti-Sachbearbeiter in Deutschland, das von der Polizei zur Verfügung gestellt wurde. Hinzu kommt die „Sammlung Kreuzer" aus dem Stadtarchiv München. Wenn es gelingt, die Datenakquise in dem vorgesehenen Umfang zu realisieren, kann der zur Verfügung stehende Datenbestand am Ende der Antragsphase bis zu 500.000 Bilddaten über Graffiti in Deutschland umfassen.

Im weiteren Verlauf des Projekts sollen die neu akquirierten Bilddaten nach den in der Antragsphase erarbeiteten und erprobten Standards digital erfasst und analysiert werden. In einer an die Antragsphase anschließenden, zweiten Projektphase von 36 Monaten sollen die zum jetzigen Zeitpunkt bereits vorliegenden Bilddaten aus Köln (ca. 30.000) und München (ca. 20.000) digital erfasst und bearbeitet werden. Die Bilddatenbank wird es erstmals ermöglichen, die Entwicklung von Graffiti in Deutschland datengestützt über längere Zeiträume und städtevergleichend zu untersuchen. Sie soll insbesondere auch von Nachwuchswissenschaftlern genutzt werden können.

Die Bilddatenbank „Graffiti in Deutschland" wird nicht nur für die Sprachwissenschaft und die Kunstgeschichte von großem Interesse sein, sondern auch für weitere Fächer, die sich mit Graffiti als Forschungsgegenstand befassen, insbesondere für die Ethnologie, die Kultur- und Medienwissenschaften, die Urbanistik, die Stadtsoziologie und die Stadtquartiersplanung. Neben spezifisch kunstgeschichtlichen Fragen nach Stil und Ikonografie, künstlerischer Praxis und künstlerischem Selbstverständnis, nach dem Verhältnis von künstlerischem und nichtkünstlerischem Graffiti und spezifisch (schrift-)linguistischen Fragen nach der (schrift-)sprachlichen Form, der Grammatik, der Graphostilistik und den schriftkulturellen Traditionen des Graffiti sind es vor allem Fragen zur Ästhetik und Kommunikation im städtischen Raum, die auf der Basis der Bilddatenbank neu gestellt und untersucht werden können. Durch die Georeferenzierung der Bilder wird es möglich sein, Städteprofile zu erstellen, die den Zusammenhang zwischen Graffiti und städtischer Infrastruktur sowie zwischen Graffiti und sozialen und städtebaulichen Veränderungen aufweisen können.

Veröffentlichte Arbeiten aus Publikationsorganen mit wissenschaftlicher Qualitätssicherung, Buchveröffentlichungen sowie bereits zur Veröffentlichung angenommene, aber noch nicht veröffentlichte Arbeiten

Brennecke, Andreas/Oevel, Gudrun/Strothmann, Alexander (2011): „Vom Studiolo zur virtuellen Forschungsumgebung", in: Paul Müller, Bernhard Neumeier, Gabi Dreo Rodosek (Hg.): 4. DFN-Forum Kommunikationstechnologien – Beiträge der Fachtagung 20./21.6.2011 Bonn. Lecture Notes in Informatics (LNI), P-187, Bonn: Gesellschaft für Informatik, 69–78.

Papenbrock, Martin (2011): „Museumsguerilla. Positionen von 1968 bis heute", in: Kunst und Politik. Jahrbuch der Guernica-Gesellschaft, 13/2011, 63-75.

Papenbrock, Martin (2012a): „Graffiti als Kirchenkunst", in: Kunst und Politik. Jahrbuch der Guernica-Gesellschaft, 14/2012, 85-96.

Papenbrock, Martin (2012b): „Vom Protest zur Intervention. Grundzüge politischer Kunst im 20. Jahrhundert", in: Hartmann, Doreen/Lemke, Inga/Nitsche, Jessica (Hg.): Interventionen. Grenzüberschreitungen in Ästhetik, Politik und Ökonomie. München, 27-41.

Papenbrock, Martin (2015): „Die Bewahrung des Ephemeren. Zur Dokumentation von Graffiti", in: von Hülsen-Esch, Andrea (Hg.): Ephemere Materialien. Düsseldorf: dup (Materialisierungen, Bd. 2), 169-187.

Papenbrock, Martin/Tophinke, Doris (2012): "Wild Style. Graffiti-Writing zwischen Schrift und Bild", in: Schuster, Britt-Marie/Tophinke, Doris (Hg.): Andersschreiben. Formen, Funktionen, Traditionen. Berlin: Erich Schmidt, 179-197.

Papenbrock, Martin/Tophinke, Doris (2014): „‘Meine Styles sollen wie Schlachtschiffe wirken‘. Schrift aggressiv gestalten", in: Praxis Deutsch. Zeitschrift für den Deutschunterricht, 41/2014 (246), 26-30.

Papenbrock, Martin/Tophinke, Doris (erscheint 2016): „Graffiti. Formen, Traditionen, Perspektiven", erscheint in: Hausendorf, Heiko/Müller, Marcus (Hg.): Handbuch Sprache in der Kunstkommunikation. Berlin: de Gruyter (Handbuch Sprachwissen, Bd. 16). (Anlage 8)

Schuster, Britt-Marie/Tophinke, Doris (2012): „Andersschreiben als Gegenstand der linguistischen Forschung", in: Schuster, Britt-Marie/Tophinke, Doris (Hg.), Andersschreiben. Formen, Funktionen, Traditionen. Berlin: Erich Schmidt, 13-22.

Tophinke, Doris (erscheint 2016). „In den tiefsten Winkeln unserer Betonwälder tanzen die Namen ein farbenfrohes Fest und wir tanzten bis in die Morgenstunden" – Zur praktischen Kultur des Graffiti, erscheint in: Deppermann, Arnulf/Feilke, Helmuth/Linke, Angelika. Kommunikative und sprachliche Praktiken. Berlin: de Gruyter (IDS-Jahrbuch).